Nicht erst seit dem Ausbruch von Covid-19 ist die Welt zunehmend geprägt von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität. Die fortschreitende Digitalisierung und die Globalisierung sorgen als Treiber seit längerem dafür, dass Unternehmen mit steigender Unsicherheit über die Zukunft konfrontiert sind. Die Pandemie sorgt nun für eine zusätzliche Erhöhung der Herausforderungen, mit denen Unternehmen in der strategischen Planung gegenüberstehen.
Die Bedeutung der strategischen Vorausschau als Managementfunktion und -kompetenz ist daher heute grösser denn je. Gerade in unsicheren Zeiten ist für Führungskräfte ein klares Bild über die Umwelt des Unternehmens und ihrer möglichen Entwicklungen unabdingbar für ein erfolgreiches unternehmerisches Handeln. Im Zentrum der strategischen Vorausschau stehen drei Fragen:
- Welche möglichen künftigen Entwicklungen sind in meinem Geschäftsfeld zu erkennen?
- Welchen Einfluss können sie auf ebendieses haben?
- Welche Anpassungs- und Gestaltungsmassnahmen versprechen Erfolg?
Das Ziel der strategischen Vorausschau ist, die Zukunft proaktiv zu entwerfen und mitzugestalten. Durch eine systematische Auseinandersetzung mit den Trends und Veränderungen im Unternehmensumfeld sollen mögliche Entwicklungspfade frühzeitig erkannt und die Strategie entsprechend adaptiert werden. Strategische Vorausschau bedeutet aber nicht, die wahrscheinlichste Entwicklung zu identifizieren oder prognostizieren. Vielmehr geht es darum, den Fächer aufzuspannen und verschiedene künftige Entwicklungsalternativen zu evaluieren. Strategische Vorausschau soll auch dazu anregen, über das Undenkbare nachzudenken und unternehmensweit ein einheitliches Verständnis über relevante künftige Entwicklungen zu schaffen.
«Es kommt nicht darauf an, die Zukunft vorauszusagen, sondern darauf, auf die Zukunft vorbereitet zu sein.» (Perikles)
Wie kann strategische Vorausschau konkret als Prozess angegangen werden? Das Vorgehen lässt sich entlang der vorab genannten drei Kernfragen aufteilen:
- Identifikation der relevanten Trends im Unternehmensumfeld
- Bestimmung der möglichen Entwicklungen und deren Impact
- Entscheid zum Umgang im Unternehmen
In einem ersten Schritt werden mittels einer holistischen Betrachtung möglichst alle Entwicklungen, die im Geschäftsfeld zu beobachten sind, identifiziert. Während dieses «Scanning» gut durch einzelne Personen oder ein kleines Team geschehen kann, sollte für die Bestimmung der Relevanz der identifizierten Trends eine grössere Gruppe von mit dem Geschäftsfeld vertrauten Personen herangezogen werden. Der Miteinbezug eines grösseren Personenkreises deckt einerseits ein möglichst breites Spektrum an Meinungen und unterschiedlichen Blickwinkeln ab und schafft andererseits ein einheitliches Verständnis innerhalb des Unternehmens.
Für die Relevanzbestimmung bewertet jede Person die vorab identifizierten Trends nach zwei Kriterien: Wie hoch ist der erwartete künftige Einfluss dieses Trends auf das Geschäftsfeld, und wieviel Unsicherheit besteht über die weitere Entwicklung des Trends? Die Bewertung erfolgt individuell im Rahmen der jeweiligen persönlichen Einschätzung der Person. Anhand der konsolidierten Einzelbewertungen können die Trends nun in drei Kategorien eingeteilt werden:
- Irrelevant: Trends mit tiefem Einfluss. Sie sind für die strategische Planung vernachlässigbar.
- Sicher: Das Eintreten dieser Trends gilt als gesichert, sie sollten folglich direkt in die Strategieplanung einfliessen.
- Kritisch: Diese Trends mit potenziell hohem Impact, verbunden hoher Unsicherheit, sind die spannendste Kategorie für die weitere strategische Planung.